|
Kreiszeitung Syke, 22.3.2010
Fabelhaftes lebendig erzählt
Autor Artur Becker las in der Stadtbibliothek Verden
Dass heimisches Terrain keinesfalls vor Lampenfieber schützt, musste am Freitagabend der in Verden lebende Autor, Lyriker, Essayist und Rapper Artur Becker erfahren. Er las auf Einladung des Fördervereins der Stadtbibliothek Verden nach fast zehnjähriger »Heimatabstinenz« aus seinem Roman »Wodka und Messer. Lied vom Ertrinken« sowie aus seinem Gedichtband »Ein Kiosk mit elf Millionen Nächten«.
Die Geschichten des in Polen geborenen Autors scheinen wie aus dem Leben gegriffen. Er schreibt über das, was er kennt, was die Menschen bewegt, was den Alltag bunt und zuweilen auch grau macht.
Kuba Dernicki ist der Protagonist des Romans. Er ist ein glücklicher Mensch. Er hat eine gute Arbeit, eine Familie und lebt seit vielen Jahren im Paradies, in Deutschland.
Doch eines Tages treibt ihn eine starke Sehnsucht zurück nach Polen, in die alte Heimat, an die Stätten seiner Kindheit, an den Dadajsee. In eine wunderschöne Landschaft, bevölkert von eigenwilligen Menschen, die mit List, Humor und Wodka überleben. Und die sich Geschichten erzählen, in denen die Toten, auch wenn sie nicht katholisch sind, wieder auferstehen. Zu ihnen gehört Marta, Kubas Geliebte, die vor Jahren auf der Flucht vor kommunistischen Häschern im Dadajsee ertrank und die jetzt in der Hoteldirektorin Justyna weiterlebt. Kein Wunder, dass Kuba sich in Justyna verliebt und dass von nun an ein ganzes Dorf verrückt spielt, der Bürgermeister, der alte Pfarrer und die einäugige Tante. Und in deren Mitte taumelt Kuba, den ein sprechendes Messer begleitet, von Augenblick zu Augenblick, hinein ins Herz der Erinnerung.
»Wodka und Messer« wurde von vielen Kritikern als vielschichtig beschrieben und als bestes Werk des Chamisso-Preisträgers gelobt. Es ist Heimat- und Liebesroman zugleich und darüber hinaus eine Liebeserklärung an Polen.
Die Zuhörer wurden für ihr Kommen mit einer Lesung belohnt, die eigentlich ein Ein-Personen-Theaterstück war. Dem Publikum kamen die Erlebnisse und die Gedankenwelt des Protagonisten eigentümlich nahe.
Der Autor gestaltete den Abend packend und lebendig. Es gelang ihm, die wechselnden Stimmungslagen und die teils überaus konträren Persönlichkeitsstrukturen seiner Protagonisten und deren geistige Strömungen glaubwürdig und nachvollziehbar darzustellen. Als Becker ins Erzählen kam und hierbei seinen ganzen Körper einsetzte, wurde die fabelhafte Geschichte lebendig.
Sein literarisches Talent, die ansteckende Liebe zu seiner alten Heimat und der offene Dialog mit den Zuhörern garantierte auf der Publikumsseite Einsichten und beste Unterhaltung sowie über 90 Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit. Artur Becker ist ein Genuss für Liebhaber der besonderen Literatur.
|