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Verdener Nachrichten, 22.3.2010

Nach 13 Jahren liest Artur Becker wieder in seiner Heimatstadt

Von Susanne Ehrlich

Der Verdener Autor Artur Becker hat im vergangenen Jahrzehnt wirklich überall Lesungen gehalten, in ganz Deutschland, Europa und sogar in New York. Nur in seiner selbst gewählten Heimatstadt nicht. Seit seiner letzten Lesung in der Verdener Stadtbibliothek sind mittlerweile 13 Jahre vergangen - nun war er wieder hier mit seinem neuen Roman »Wodka und Messer - Lied vom Ertrinken« .
Im Namen des Fördervereins der Stadtbibliothek Verden begrüßte Jürgen Weidemann den inzwischen vielfach prämierten Autor, dessen Roman am 5. März 2009 mit dem Chamisso-Preis für deutsche Autoren mit Migrations-Hintergrund ausgezeichnet wurde, als einen »Beatnik aus dem Osten«. Aus der Laudatio zitierte er: »Das ist ein Roman voll barocker Opulenz und Farbigkeit.«
Verleger Bernd Gosau, der Becker auf seiner Lesung als Moderator begleitete, zeigte sich sichtlich begeistert vom Werk seines Autors, der »eigentlich ein Sohn der Stadt Verden« sei. Becker könne mittlerweile auf ein Opus von zehn Romanen, vier Lyrik-Bänden und einer Fülle von Essays verweisen, sei jedoch in erster Linie ein Erzähler.
Bevor er seine Zuhörer nach Masuren entführte, eben an jenen Dadaj-See, von dem auch sein erster großer Roman erzählt, trug Becker eine kleine Auswahl seiner Gedichte vor, unter denen eines mit dem Titel »Wo ich wohne« das versöhnlichste war. Eserzählt von Verden, wo der 1968 geborene Autor seit 1985 zu Hause ist.
Andere Gedichte befassten sich mit weniger erfreulichen, vielmehr mit bedrückenden und aufrüttelnden Inhalten wie zum Beispiel »Gute Nachrichten von unserem Planeten«, das sich mit den Gräueln des Jugoslawien-Krieges auseinandersetzt. »Jugoslawien und Srebenica hätten niemals passieren dürfen«, kommentierte er, zum Publikum gewandt, seinen eigenen Text. Bedrohliches und Verstörendes - viele seiner Gedichte entstehen aus solchen Gedanken und Erfahrungen. So habe er sich am 11. September 2001 auf Coney Island aufgehalten - Eindrücke, die noch heute stark nachwirken. Gleichwohl habe es ihn abgestoßen, mit wie viel Misstrauen er in Folge dieser Ereignisse behandelt worden sei: »Ich möchte nicht mehr in ein Land fliegen, das mich als möglichen Terroristen behandelt.«
In kräftigen Farben gezeichnet, oft verstiegen, oft ins Absurde spielend, entfaltete sich in Beckers Roman-Lesung die Welt des Protagonisten Kuba Dernicki, der als Kind durch seinen Riesenbauch berühmt wurde. Er trug nämlich einen toten ausgewachsenen Zwilling in seinem Leib. Nach der Operation, die eine tiefe Narbe zurücklässt, wird er »der Mann mit den zwei Nabeln«. Nach vielen Jahren in Deutschland zieht es Kuba in seine masurische Heimat zurück; er sucht die Spur seiner einstigen Geliebten Marta, die vor dem polnischen Geheimdienst floh und im Dadaj-See ertrank. Er verliebt sich in eine Doppelgängerin seiner Marta, die Hoteldirektorin Justyna Star, die ihrerseits mit Bürgermeister Krol, ehemaliger Geheimdienstler und Profiteur der Wende, befreundet ist.
Schillernde Persönlichkeiten sind auch der alte Pfarrer Kazimierz und Kubas einäugige Tante Ala, die auf ihre alten Tage noch eine leidenschaftliche Liebschaft unterhält. In der »Beichtszene« rechnet Becker ab mit dem verhassten Sakrament, mit der Gier, der Häme und Herablassung der Beichtväter. Doch noch zentraler ist für ihn das Aufdecken von Verantwortlichkeiten, die die Betroffenen am liebsten unter den Teppich kehren möchten. Sie zählt zu Beckers Leidenschaften: »Wenn Menschen, die früher Henker waren, wieder Macht und Einfluss erlangen - das ist eine Tragödie.«

 

 

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