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Weser Kurier, 30.5.2008

Verse und Sounds
vom urbanen Furor

Artur Becker & Les Rabiates im Moments

Von Christian Emigholz

Es rumpelt und poltert ziemlich heftig im Club Moments, und man könnte meinen, es röche nach Großstadt, Asphalt und ihrer Lyrik. Vor ein paar Tagen aus Danzig zurückgekehrt, wo sie Bremen bei der deutsch-polnischen Jazzbridge vertreten haben, sind Artur Becker & Les Rabiates hier zu erleben.
Artur Becker ist polnischer Dichter, der in Deutschland lebt und auf Deutsch schreibt. Das Quartett Les Rabiates setzt sich aus Überresten des Bremer Underground-Jazzsextetts Swim Two Birds plus Keyboarder Michael Berger zusammen. Gemeinsam haben die fünf ein Projekt ausgeheckt, das irgendwo im Brachland zwischen Jazz & Lyrik, Beatnik-Poesie und Poetry-Slam angesiedelt ist, wobei Artur Becker gleich zu Beginn betont, seine Gedichte seien eben wirkliche Gedichte, und die Musik wirkliche Musik.
Ganz so einfach ist es nicht. Es geht dem Projekt durchaus um Kontaktaufnahmen, Durchdringungen und Bezugnahmen. Dazu ist das Schlagzeug von Jens Ahlers auf Krawall gebürstet, das Altsaxofon von Achim Gätjen klingt knochentrocken und röhrend, Ralf Benesch schlägt Gitarrenattacken dazwischen oder taucht auf dem Baritonsax in unwägbare Tiefen ab. Michael Berger, der mit seinen analogen Tasten-Oldtimern zuletzt bei der Band boom boom zu hören war (stärker ist er als Pianist aktiv), wird von Becker gar als »Ufologe« annonciert, und tatsächlich klingen seine Sounds nach »Raumpatrouille Orion« oder ähnlichen Weltraumabenteuern. Aber er kann auch anders, nämlich für Bass-Beats sorgen oder Akkordeonklänge aus seinen Apparaturen zaubern.
Das musikalische Resultat ist nicht mehr eindeutig zuzuordnen: Mit seinen Polkapassagen und Reggae-Rhythmen, in die sich auch schon mal Stechschrittmarsch oder scheinbare Wolga-Romantik mischen, und den Rock’n’Punk-Offensiven ist das längst kein Jazz mehr, eher ein Derivat aus allem Möglichen, das in Kombination mit Beckers Versen immer dem urbanen Furor und Wahnsinn auf der Spur ist.
Artur Beckers Zeilen wie »Moskau ist ein Kiosk mit elf Millionen Nächten« oder »Jesus & Marx von der Esso Tankstelle« erinnern in Haltung und Bildfindung frappant an das »Moloch, Moloch, Moloch« aus Ginsbergs Beat-Generation-Hymne »Howl«, ohne dass Artur Becker die Zeit zurückdrehen wollte. Ihm geht es eher um Standortbestimmungen im Dschungel der Gegenwart, und die können durchaus auch privat sein wie bei »Wo ich wohne« oder balladesk-romantisch wie in »Aus der Altstadt«, wenn sie nicht gerade zu ironischen Publikumsbeschimpfungen wie »Erdlinge« werden. Ein aufrührerischer Abend.

 

 

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