Home
Prosa
Lyrik
Presse
Links
Varia
Galerie
Vita
Kontakt
Ein Kiosk mit elf Millionen Nächten

Kurier am Sonntag, 1.3.2009

Artur Becker wird der Chamisso-Preis verliehen −
Der Romancier, Erzähler und Lyriker legt neuen Gedichtband und CD mit »Les Rabiates« vor

Von Christian Emigholz

Am 5. März wird dem in Verden an der Aller lebenden Schriftsteller Artur Becker in München der Adelbert-von-Chamisso-Preis verliehen. Der mit 15 000 Euro dotierte Preis ist bestimmt für herausragende Leistungen Deutsch schreibender Autorinnen und Autoren, deren Muttersprache oder Herkunft nicht die deutsche ist. Das gilt für Artur Becker, der 1968 im polnischen Bartoszyce geboren wurde. Das liegt in Masuren, offenbar ein guter Nährboden für Erzähler, in Masuren wurde schließlich auch Siegfried Lenz geboren.
Artur Becker ist Romancier, Erzähler, Lyriker, der zunächst auf Polnisch debütierte, aber schon 1989 die Sprache wechselte und seitdem ausschließlich auf Deutsch schreibt. Sein erster Roman »Der Dadajsee«, zugleich seine erste Publikation in deutscher Sprache, erschien 1997 beim Bremer Stint Verlag. Bei diesem sind seitdem vor allen Dingen die Lyrikbände Beckers erschienen.
Artur Becker hat nun geschickt den Zeitpunkt der Chamisso-Preisverleihung dazu genutzt, beim Stint Verlag einen weiteren Lyrikband zu veröffentlichen. Er heißt »Ein Kiosk mit elf Millionen Nächten«. Der Titel geht auf Beckers Gedicht »Moskau ist ein Kiosk mit elf Millionen Nächten« zurück. Und nun beginnt ein kleines Verwirrspiel. Dieses Gedicht wurde nämlich bereits vor vier Jahren erstmalig veröffentlicht, allerdings auf einem anderen Medium, einer CD.
Damit sind wir, wenn man so will, bei Artur Beckers vierter Profession: Der Schriftsteller betätigt sich auch als ausgezeichneter Performer seiner Lyrik zur Musikbegleitung. Die kommt seit einigen Jahren von der Bremer Band Swim Two Birds. Das Septett um den Saxofonisten und Komponisten Achim Gätjen hat im Jahr 2005 mit Becker als Rezitator die CD »Ein Kiosk mit elf Millionen Nächten« mit 17 seiner Gedichte in Kleinstauflage publiziert.
Inzwischen gibt es Swim Two Birds nicht mehr, Gätjen hat seine Band radikal zum Quartett verkleinert, das nun Les Rabiates heißt. Jetzt, ebenfalls zeitgerecht zur Verleihung des Chamissopreises, legen Les Rabiates & Artur Becker eine CD vor, die auch »Ein Kiosk mit elf Millionen Nächten« (erschienen beim Bremer Label Fuego) heißt. Die überschneidet sich an einigen Stellen, um genau zu sein, bei acht Gedichten mit der erwähnten vorherigen CD, wobei aber grundsätzlich die Musik neu eingerichtet worden ist, und auch Beckers Rezitation eine andere ist. 16 Tracks enthält die CD, von denen einer rein instrumental ist.
Wer hier ein mildes Lyrik & Jazz-Album im Stile Rühmkorfs erwartet, sieht sich getäuscht. Schon die Vorgängerband Swim Two Birds bevorzugte einen laut tönenden Rabauken-Jazz. Bei Les Rabiates, das sind neben Gätjen noch Michael Berger (Keyboards), Ralf Benesch (Saxofon und Gitarre) und Schlagzeuger Jens Ahlers, ist das Furiose und Zerstörerische des fetten Bläsersounds einer eher transparenten Radikalität gewichen, die mitunter nachdenkliche, oft genug verspielte, eine wenig an Pascal Comelade erinnernde Formen annimmt. Das passt bestens zu Beckers Lyrik, eine reimlose Lyrik mit regelmäßigen, oft genug aber auch unregelmäßigen Rhythmen, denn die ist auch nicht zartbesaitet, eher robust, trägt Erinnerungen an die Poeten der Beat Generation (wie Ginsberg und Kerouac) in sich, denn selbstverständlich kennt Becker »Howl« und ähnliche Aufschreie von einst. In »Gute Nachrichten von unserem Planeten« heißt es »Gebt mit noch zwei Taler, denn es wird wieder gemordet. / Als erstes kommt das Mutter- und Vatermorden an die Reihe«, und so verstörend, dann aber auch wieder vergnüglich ist die ganze CD.




[Aktuell] [Prosa] [Lyrik] [Presse] [Links] [Varia] [Galerie] [Vita] [Kontakt]

Copyright © 2017 Artur Becker
Alle Rechte vorbehalten. All Rights reserved