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Nord-West-Zeitung
vom 17.11.03
Dichtes
erzählerisches Geflecht
Lesung,
Artur Becker bei "Literatour-Nord" zu Gast
Oldenburg/KUT
- In seinem ersten Roman "Der Dadajsee" schilderte Artur
Becker 1997 die Rückkehr des Polen Jurek in seine masurische
Heimat. Die spielt auch im aktuellen Prosawerk des in Verden an
der Aller lebenden Schriftstellers, "Kino Muza", eine
entscheidende Rolle. Ebenso wie ein anderer Ort: Bremen.
Für ihn sei es wichtig, beim Schreiben auf konkrete Erfahrungen
zurückgreifen zu können, erklärt Becker zu Beginn
seiner Lesung in der Reihe "Literatour-Nord". Allerdings
behalte er sich vor, die Wirklichkeit dichterisch zu überformen.
So trage der Geheimdienstmann Brzezinski den Namen eines Fabrikdirektors
aus Beckers Heimatstadt Bartenstein (Bartoszyce).
Immer wieder gewährt der Autor in Oldenburger Kulturzentrum
PFL solche Einblicke in seine Arbeitsweise. Im Gespräch gibt
er außerdem freimütig Auskunft über die Gründe
für seine Entscheidung, seit 13 Jahren ausschließlich
deutschsprachige Lyrik und Prosa zu verfassen, und sein Verhältnis
zur polnischen Literatur. Vor allem liest er mit charmantem osteuropäischen
Akzent aus seinem Buch, einem dichten Geflecht aus größeren
Handlungssträngen und kleinen Geschichten.
Da berichtet der Vater des Protagonisten Antek von einem Traum,
in dem ihm sein künstliches Bein erzählt, was mit den
Toten geschieht. Da wird geschildert, wie Onkel Zygmunt durch einen
Banküberfall zum polnischen Nationalhelden wurde. Becker breitet
solche Episoden nicht aus, er flicht sie en passant ein. Sein Ideenschatz
scheint unerschöpflich.
Bei solch einer erzählerischen Fülle kann eine Lesung
nur Ausschnitte bieten, Lust auf eigene Lektüre wecken. Keine
Frage: Das ist Artur Becker bestens gelungen.
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Nord-West-Zeitung
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