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Tagesspiegel (Berlin, Potsdam) vom 13. Dezember 2001
Tadellos gescheitert Lesung der Woche, Buchhändlerkeller
Von Norbert Tefelski
Artur Beckers Stärke ist die kleine Form: das Gedicht. Das fällt vor allem auf, wenn man seine Prosa liest. Nicht zwangsläufig
unangenehm, denn der Roman „Onkel Jimmy, die Indianer und ich“ (Hoffmann und Campe, 36 Mark) unterhält dank einfallsreicher Details, mit denen der 33-jährige Autor die Odyssee seiner beinah wahren Figuren
ausschmückt. Der chaotische Titelonkel muss, von Knast bedroht, das sozialistische Polen 1984 verlassen und bricht gemeinsam mit seinem verträumten Neffen Teofil gen Kanada auf. Dessen Freundin Agnes begleitet das
Duo Infatile quasi als vernunftbegabtes Korrektiv. Sie ist es auch, die im gelobten Land den Karrieresprung schafft. Der – männliche – Rest ist Scheitern. In einer Wohngemeinschaft mit Indianern, die der
polnischen Mentalität erstaunlich nahe kommen, werden hanebüchene Pläne geschmiedet, die haarsträubende Ergebnisse zeitigen.
„Letz fejs it“, radebrecht Onkel Jimmy und führt vor, wie man garantiert
vom Regen in die Traufe gelangt. Nach hoffnungslosen Berufsversuchen als Musiker, Bauarbeiter, Verkäufer steht eine Geschäftsgründung an. Wer aber braucht eine Kombination aus Sushi-Restaurant und
Beerdigungsinstitut für Scheintote? In How-to-write-a-Nove-Kursen hätte Becker schlechte Karten. Dennoch darf „Onkel Jimmy ...“ als Schelmenroman bezeichnet werden. Der rote Faden ist halt eine Qualspirale,
die an jeder Wendung mit weiteren Schnapsideen amüsiert. Nach neun Jahren kehren die Helden zurück in ihre masurische Heimat – die der Autor selbst 1985 verließ. „Wäre ich geblieben“, sagt er in einem
Interview, „hätte ich wohl weiter nur Gedichte geschrieben.“
Mehr davon SCHEINTOTE könnten ihren Zustand tatsächlich auf den Verzehr von Sushi zurückführen – falls darin der
giftige Kugelfisch verarbeitet wurde. Im Ansatz ist also Onkel Jimmys Geschäftsidee gar nicht so dumm. Viel übers falsche Sterben und die Wiederauferstehung als echter Untoter wissen die kritischen
Wissenschaftsfreaks der Zeitschrift „Skeptiker“, die drei haitianische Zombies klinisch untersuchten. www.gwup.org/skeptiker/archiv/2001/1/zombie.html
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